Blick in die industrielle Zukunft der Stadt …aber wie?

Autorinnen: Dr. Daniela Baer, Regina Sonntag

Umweltverträgliche und effiziente Technologien ermöglichen heute ein neues Miteinander von Industrie und Stadt. Eine Reihe von Beispielen (Gläserne Manufaktur (VW) in Dresden oder Trumpf in Ditzingen) zeugen bereits von dieser neuen – oder besser: wiedererstarkten – Symbiose. Eine neue Zukunft der Industrie in der Stadt liegt in ihren Anfängen, doch wie sieht die Zukunft aus?

Ausgangspunkt der Überlegungen im Projektteam Future Urban Industries sind dabei zwei Grundannahmen:

I. Klare und eindeutige Prognosen über die Entwicklung der Städte und Industrien sind aufgrund einer hohen Zukunftsunsicherheit schwer möglich.

Lineare Hochrechnungen aktueller Wirtschaftentwicklungen sind kaum geeignet, die Zukunft präzise vorherzusagen. So ist das zu erwartende Wachstum oder die Abwanderung aus Regionen nicht vorhersehbar oder es lassen sich nur bedingt Vorhersagen über das Kreativpotential verschiedener Stadtteile treffen.

Gleichzeitig sind Industriebetriebe extremen Veränderungsmechanismen ausgesetzt. Unterschieden werden kann zwischen internen Faktoren (z. B. betriebswirtschaftliche, strategische, produkt- oder prozessorientierte Anpassungen, Innovationskraft) und externen Faktoren (z. B. technologischer Fortschritt, Ressourcen, Gesellschaft, Politik, Markt, Standortanpassungen). Mögliche Reaktionen der Unternehmen auf diese Zukunftsunsicherheit sind z.B. zurückhaltende Investitionstätigkeit in Produktion, Entwicklung, Personal, Gebäudebestand.

II. Die Zukunft der Stadt ist geprägt durch eine Vielfalt paralleler und vernetzter Entwicklungen.

Der technologische Wandel, neue Mobilitäts- und Logistikkonzepte oder der demographische Wandel sind Faktoren, die gleichzeitig zueinander ablaufen und zu hoch komplexen, städtischen Systemen führen können (vgl. Abb. 2). Die Gleichzeitigkeit von z.B. Schrumpfungsmechanismen in benachteiligten Regionen („shrinking cities“) und die clusterartige Verdichtung in Ballungsräumen („Blaue Banane/Blauer Stern“) stellt die Gesellschaft vor enorme Herausforderungen. Dabei finden sich diese Entwicklungen häufig auch kleinräumig nebeneinander innerhalb einer Stadt.

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Gleichzeitigkeit und Ausprägungsvielfalt der Faktoren

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Komplexität von Netzwerken –

Vielfalt der Vernetzung

Eine Antwort auf die beschriebene Zukunftsunsicherheit ist die Methode der Szenariotechnik. Die Szenarien dienen der Darstellung der vielfältigen zukünftigen Entwicklungen und bilden die Basis für heutige Entscheidungen in den Bereichen Standortplanung, Wirtschaftsförderung, Produktentwicklung und Produktionsgestaltung etc.

Das siebenköpfige FUI Team hat in einem ersten Schritt das Szenariofeld umrissen (Schritt 1, siehe unten stehende Grafik). Es umschreibt alle Einflussfaktoren auf die Industrie und die Stadt. Dabei wurden die drei Maßstabsebenen Mikro (konkreter Standort), Meso (näheres Umfeld) und Makro (Region bzw. Global) unterschieden, um eine klare Differenzierung der räumlichen Einflussebenen der verschiedenen Faktoren zu gewährleisten.

Die identifizierten 80 Einflussfaktoren wurden einer Einflussanalyse unterzogen, um jene Faktoren, zu identifizieren, die aktiv als auch passiv einen hohen Wirkungsgrad auf den Themenkomplex ‚Future urban Industries’ aufweisen (Schritt 2). Im Ergebnis wurden 12 Schlüsselfaktoren benannt, welche entscheidend für die zukünftige Entwicklung der Industrien in den Städten sind. Die folgende Grafik zeigt die Faktoren auf und in welcher Art und Weise sie Einfluss auf den Untersuchungsgegenstand nehmen.

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Einflussnahme der Faktoren auf die Entwicklung der Future Urban Industries in der Stadt

In einem dritten Schritt erarbeitete das Projektteam für jeden dieser Schlüsselfaktoren Projektionen, welche die unterschiedlich möglichen zukünftigen Entwicklungspfade beschreiben. Diese Projektionen bilden die Grundlage zu den Szenarien, die mit unterschiedlicher Ausprägung (Positiv, Trend, Negativ) formuliert werden können.

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Schematische Darstellung der Durchführung der Szenariotechnik (Heinz Nixdorf Institut, Paderborn nach J. Gausemeier „Ein Handbuch für die Strategische Planung u. Entwicklung der Produkte von morgen“, Carl Hanser Verlag, 2001)

Wesentliches Merkmal der Szenarien ist, dass sie sich nicht gegenseitig ausschließen, sondern als mögliche Entwicklungen parallel in Erscheinung treten können. In diesem Projekt wurden zwei konsistente extreme Szenarien (Positiv- und Negativszenario) entwickelt, welche eine komplexe Grundlage zur Ableitung von Handlungsempfehlungen für die zukünftige Umsetzung der ‚Future Urban Industries’ bilden.

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